Ruedi Dietiker, Hölstein
Neues Leben im Frühsommer 2023
Immer wieder gleich und doch jedes Mal anders. Nein, ich denke da nicht an meine Schwächen. Ich denke hier an Beobachtungen in freier Natur, gerade auch mit Blick auf das Werden und Wachsen von Fuchs und Reh – immer wieder überraschend, individuell, einzigartig. Ich lasse hier den Frühsommer 2023 mit ein paar Schnappschüssen aus meiner Umgebung (Waldenburgertal Basellandschaft) Revue passieren. Im Zusammenhang mit der Rehkitzrettung hält man spätestens nach dem Osterhasen Ausschau nach dicken Rehgeissen. Sie geben einen ersten Hinweis auf jene Orte, wo sie den Nachwuchs setzen (könnten). Aber wo genau? Und plötzlich hat das Heugras alles verschluckt. Oft entdeckt man die werdenden «Rehmütter» nur noch per Zufall. Ab Ende April, Anfang Mai beginnt die Mahd für die Silo- und Heuernte, und auch beklemmende Stunden.
Und wann erblicken Rehkitze das Licht der Welt? Heuer entdeckte ich Dank Hinweis eines Landwirts am 6. Mai die ersten Rehkitze, gleich Drillinge. Zwei Tage später zeigte sich eine Rehgeiss mit ihrem Kitz, das schon etwa einen Monat alt sein musste. Ein «Bild», wie es sich gern ab zweiter Hälfte Juni zeigt: Kitz sichtbar selbständig, auffallend bewegungsfreudig, die typische «Bambi-Zeichnung» am Verblassen; letzteres infolge abnehmender Muttermilch.
Und gewissermassen nebenher, und mit etwas Glück - oder bei gemächlichen Beobachtungstouren -, kann man auch «Familie Reineke» mit Nachwuchs entdecken. Da sind Begrüssungsrituale und sorglos Mittagsschläfchen zu sehen, da wird Nahrung angeschleppt, innigliche Körperpflege gehalten und immer wieder gespielt, will heissen, gelernt und geübt für den Ernst des Lebens. Schon erstaunlich, was es da in freier Natur, unweit von vollen Strassen und lärmiger Zivilisation, alles zu sehen gibt, und zu lernen, einmalig, und jedes Jahr neu, doch in den Genen festgeschrieben seit tausenden von Jahren.
Frühling 2023: Vögel
Mmhhh Salat! ... echt, ich steh auf Salat. Manchmal höre ich: Du hast ja einen Vogel. Doch, und zugegeben, ein Vogel ist masslos untertrieben, da bin ich nun nach der Durchsicht meines Salats im Büro, respektive meines virtuellen Vogelarchivs, sicher.
Eigentlich kann ich nicht genug Vögel hören und sehen. Es sind noch einige da. Ich freue mich jeden Tag, meine Vögel zu sehen. Kürzlich habe ich gelesen, ... «1980 gab es in Europa zwei Milliarden Wildvögel. 2009 waren davon nur noch 1,6 Milliarden übrig». Vierhundert Millionen weniger? Vierhundert Millionen - unvorstellbar. Wie gesagt, da freue ich mich an «meinen» Vögeln, dies in überschaubarer Anzahl, sei das in unserem Garten, am Dorfbach oder irgendwo unterwegs. Unterwegs entdeckte ich auch einen Vogel mit Haube, er schien sogar ein bisschen für mich zu posieren. An eine (Hauben-)Lerche dachte ich da nicht. Ob ich mich auch nicht täusche? So oder so, ein einmaliger Anblick, ein besonderes Erlebnis, wie auch jenes bei der Begegnung mit dem Falkenpaar beim Brutgeschäft. Eigentlich wollte ich da (gemäss Empfehlung) Bienenfresser fotografieren – sie fehlen mir immer noch.
Immer wieder mal halte ich den Atem an, wenn es bei einem Waldspaziergang sonderbar ruhig ist oder wenn reges Vogelgezwitscher zu hören ist, und ich keinen Vogel sehe. Und manchmal muss ich schmunzeln, der Zufall ist mein verlässlicher Begleiter geworden, ich denke an das Bad der Bachstelze, oder an die Zufallsbegegnung mit Storch und Star beim Frühstück holen. Manchmal spielt (oder hilft) auch das Licht mit beim Knipsen, beispielsweise wenn der Milan über mir seine Kreise zieht. Die Pirsch mit Kamera auf Vögel zeigt mir immer wieder Grenzen, stets sind sie schneller (weg), und nicht selten ist das Objektiv zu kurz, so hielt auch der Steinschmätzer mit Jungvogel konsequent Distanz. Und manchmal klappt es, nicht selten im heimischen Salat. Übrigens, «meine» Buchfinken mögen meinen Salat nicht besonders, Sonnenblumenkerne werden bevorzugt.